Verstand und Persönlichkeit

Anbruch und Phase der Vorpubertät sind angesichts der physischen Fortentwicklung determiniert. Als Vorpubertät benennt man die Spanne zwischen dem ersten Zutagetreten der sekundären Geschlechtscharakteristika (Behaarung, Stimmbruch et cetera) und dem ersten Wirken der Geschlechtsorgane (erste Menstruation beim Mädchen, erste Ejakulation beim Jungen).

Mit der geschlechtlichen Distinktion ereignet sich in der Regel ein  schlagartig eintretender Weiterentwicklungsschub. Die Entfaltung von Jungen und Mädchen realisiert sich vom vom Aufbruch der Jugendjahre an unterschiedlich.

Im physischen Bereich liegt der Schwerpunkt bei den Jungen in der Entfaltung der Muskulatur und der Grobbeweglichkeit, bei den Mädchen in der Fettpolsterung (runde Physis) und der Feinmotorik, und die Längen entfaltung beginnt bei den Mädchen früher denn bei den Jungen.

Seit dem Zeitpunkt Mitte des vorigen Jahrhunderts verläuft die Reifung der Kinder (bei weitem nicht erst zum Anbruch der Pubertät, dort gleichwohl am deutlichsten wahrnehmbar) akzeleriert ab, sog. Beschleunigungserscheinung:

Die Kinder werden stets größer und deren Adoleszenz hebt früher an. Die Größenordnung der Beschleunigung steht in einem innigen Rahmen mit der Besiedlungsform (Stadtkinder realisieren sich auffällig geschwinder als Nachwuchs in provinziellen Verhältnissen); weniger bedeutsam als ehedem ist dieser Tage die soziale Klassenangliederung.

Die Anlässen der Beschleunigung dürften mannigfach sein, Vordergrund stehen: Stärkere Aktivierung des Komplettwesens hinsichtlich erhöhter Stimulusversorgung in der neuzeitlichen Industriegesellschaft (Großstädte mit vielfältigen Eindrucksmöglichkeiten, Massenmedien und so weiter) wie noch gesundheitszuträgliche Wandlungen (bessere Ernährungsweise, bessere Gesundheitspflege und so weiter).

Die Akzeleration ist in erster Linie ein somatisches Phänomen — Verstand und Persönlichkeit entfalten sich nicht in derselben beschleunigenten Weise. Die einzige Ausnahme ist die beschleunigente Sprachentfaltung bei Mädchen der Mittel- und Oberschicht gegen Abschluss der Vorpubertät (eine Gegebenheit der weiblichen Kulturpubertät).